Aneuploidiediagnostik in der Interphase (FISH)

Eine begrenzte Zahl numerischer Chromosomenanomalien kann heute mit großer Zuverlässigkeit an Interphasezellen (z.B. unkultivierten Amnion- bzw. Chorionzellen) mit Hilfe der Fluoreszenz in situ Hybridisierung (FISH) innerhalb kürzester Zeit ausgeschlossen werden. Nachdem der Einsatz dieser neuen Methode innerhalb des Berufsverbandes Medizinische Genetik und der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik ausführlich diskutiert worden ist, möchten wir Nutzen und Limitationen des Verfahrens kurz zusammenfassen.

Methode

Bei der FISH-Technik werden chromosomenspezifische, fluoreszenzmarkierte DNA-Sonden benutzt, die sich auch in Interphasezellen an spezifische Chromosomenregionen binden. Die Auszählung der je nach Sonde und verwendetem Fluorochrom verschiedenfarbigen Signale erlaubt es, die Kopienzahl der untersuchten Chromosomen im Präparat unter dem Fluoreszenzmikroskop zu bestimmen. Zur Zeit werden in der Routineanwendung Sonden für die Chromosomen 13, 18, 21, X und Y verwendet. Andere Chromosomen können bei bestimmten Fragestellungen untersucht werden. Die Hybridisierung erfolgt an unkultivierten Zellen, so dass ein Ergebnis ohne zeitaufwändige Zellkultivierung in kurzer Zeit vorliegt. Bei der Auswertung werden die Signale für jedes der untersuchten Chromosomen an mindestens 20 Zellen ausgewertet. Zwei Fluoreszenzsignale findet man bei normaler Kopienzahl des entsprechenden Chromosoms (z.B. Chromosom 21) im Zellkern. Drei Signale einer Sonde in einem hohen Anteil aller untersuchten Zellen sprechen mit großer Wahrscheinlichkeit für eine Trisomie des betreffenden Chromosoms.

Indikationen

Schnelle selektive Aneuploidiediagnostik zusätzlich zur konventionellen Chromosomenuntersuchung, wenn ein rascher Ausschluss der gängigsten numerischen Chromosomenanomalien angezeigt ist, z.B.:

  • nach auffälligem Befund im Serumscreening
  • bei spätem Untersuchungszeitpunkt
  • nach auffälligem Ultraschallbefund (Einschränkungen s.o.)
  • Wunsch der Patientin

Untersuchungsmaterial

Erforderlich ist eine klare Fruchtwasserprobe von ca. 18 ml. Bei deutlich kleinerer Fruchtwassermenge führen wir ebenfalls routinemäßig einen pränatalen Schnelltest durch, um die Dauer der konventionellen Chromosomenuntersuchung nicht unnötig zu verlängern. Bei Frühamniozentesen wird ein Schnelltest nicht empfohlen, da die Zellzahl gewöhnlich niedrig ist.

Grenzen des Verfahrens

Der pränatale Schnelltest ersetzt eine konventionelle Chromoso-menuntersuchung nicht. Entscheidungen, die den Schwangerschaftsverlauf irreversibel beeinflussen, sollten nicht allein aufgrund einer vorläufigen Diagnose nach Interphase-FISH getroffen werden. Eine Aussage zur Struktur der untersuchten Chromosomen ist nicht möglich.
Numerische Anomalien der nicht untersuchten Chromosomen sind nicht ausgeschlossen. Untersuchungserfolg und diagnostische Sicherheit hängen stark vom Untersuchungsmaterial ab. Eine Kontamination der Fruchtwasserprobe mit mütterlichem Blut kann das Ergebnis verfälschen, so dass in dieser Situation bei weiblichem Karyotyp der Schnelltest nur begrenzt aussagekräftig ist.

Vorteil der Methode

Bei adäquatem Untersuchungsmaterial ist eine rasche Diagnostik ausgewählter numerischer Chromosomenanomalien (beispielsweise Trisomie 21) zuverlässig möglich.

Die Entdeckungsrate numerischer Anomalien der untersuchten Chromosomen ist mit den Sonden neuer Generation sehr hoch. Das allgemeine Restrisiko für unerkannte Chromosomenaberrationen (z.B. strukurelle Chromosomenaberrationen wie Translokationen) nach Durchführung des pränatalen Schnelltests wird nach einer aktuellen Studie auf etwa 0,6% geschätzt, wenn eine familiäre Chromosomenaberration ausgeschlossen ist (6).

Dieses Restrisiko variiert indikationsspezifisch in der Gruppe der Schwangerschaften mit reinem Altersrisiko (0,5%), mit erhöhtem Risiko für ein Down-Syndrom nach Serumscreening (1,6%) und nach auffälligem Ultraschallbefund (2,3%).
Klinische Konsequenzen …

sollen jedoch nach allgemeiner Übereinkunft erst nach Bestätigung durch die konventionelle Chromosomenanalyse erfolgen. Ausnahmen sind eindeutige korrespondierende Ultraschallauffälligkeiten (für Tri21 zB. AV-KANAL bzw Double bubble etc.).

Referenzen:

  1. Klinger K, Landes G, Shook D, Harvey R, Lopez L, Locke P, Lerner T, Osathanondh R, Leverone B, Houseal T, et al. Rapid detection of chromosome aneuploidies in uncultured amniocytes by using fluorescence in situ hybridization (FISH). Am J Hum Genet 51:55-65, 1992
  2. Philip J, Bryndorf T, Christensen B. Prenatal aneuploidy detection in interphase cells by fluorescence in situ hyPhilip J, Bryndorf T, Christensen B.bridization (FISH). Prenat Diagn 14:1203-1215, 1994
  3. Eiben B, Hammans W Goebel R, Epplen JT. Die Fluoreszenz-in situ-Hybridisierung (FISH) an unkultivierten Amnionzellen: Ein neuer Schnelltest zur Diagnostik von Chromosomenstörungen. Dt. Ärztebl 95: A1304-1306 (Heft 21), 1998
  4. Gesellschaft für Humangenetik. Grundlagen und Bewertung des „pränatalen Schnelltest (FISH)“ an unkultivierten Fruchtwasserzellen im 2. Trimenon. Medizinische Genetik 2, 1998
  5. Eiben B, Trawicki W, Hammans W, Goebel R, Pruggmayer M, Epplen JT. Rapid prenatal diagnosis of aneuploidies in uncul- tured amniocytes by fluorescense in situ hybridization. Evaluation of > 3.000 cases. Fetal Diagn Ther. 14 (4): Jul-Aug 193-197, 1999
  6. Pergament E, Chen PX, Thangavelu M, Fiddler M. The clinical application of interphase FISH in prenatal diagnosis. Prenat Diagn 20:215-220, 2000