Weitere Informationen zum Ersttrimesterscreening

Einleitung (Historisches):
Der Phänotyp des Down Syndroms beruht auf einer dritten Kopie eines Chromosoms 21. Ursache hierfür können Fehlverteilungen während der Meiose (non-disjunction, 95%, Abb.rechts), Translokationen (4%) oder chromosomale Mosaike (1-2%) sein.

Die erste Screening-Methode auf Trisomie 21 (Tri21), die auf der von Shuttleworth (1909) beobachteten Assoziation mit dem mütterlichen Alter beruht, wurde in den 1970er Jahren eingeführt und ist noch heute Grundlage der Mutterschaftsrichtlinien. Aufgrund des eingriffsbedingten Risikos der Amniozentese wurde ein „Risiko“ -Kollektiv ab einem Alter von 35 Jahren definiert. Ein Screening dieses Kollektivs führt bei Einführung zu einer Entdeckungsrate (Sensitivität) von nur ca. 30% der Tri21-Schwangerschaften. Aufgrund demographischer Verschiebungen ( 21% der Schwangeren sind heute 35 Jahre und älter) beträgt die Erkennungsrate heute jedoch ca. 50%.

Ende der 1980er Jahre wurde der sog. Double- (Triple-) }Test (Risikoberechnung mit Hilfe der Parameter maternales Alter, AFP, hCG und E3) mit einer deutlich verbesserten Erkennungsrate von ca. 60% etabliert. Auf der Suche nach effektiveren Methoden wurde Anfang 1990 besonders durch die Arbeitsgruppe um K. Nicolaides, London, das Screening mittels mütterlichem Alter und fetaler Nackentransparenz (nuchal translucency, NT) postuliert. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass mit dieser Methode bei exakter Ausführung 77% der Tri21-Feten identifiziert werden können (bei einer 5% screen-positiv Rate) (6).

In den Folgejahren wurden unterschiedliche Kombinationen verschiedener Serum-Parameter (PAPP-A, freies ß-hCG, SP1, AFP, Inhibin-A) an grösseren Kollektiven getestet. Während die Parameter pregnancy-specific b-1 glycoprotein (SP1), alpha-feto-protein (AFP) und Inhibin-A im ersten Trimenon keine brauchbare Differenzierung zwischen Tri21-Schwangerschaften und nicht-betroffenen Schwangerschaften zulassen, haben sich die Serum-Marker freies ß-hCG und pregnancy associated plasma protein A (PAPP-A) als wertvolle Diskriminatoren herausgestellt:

In Tri21-Schwangerschaften ist die maternale Serumkonzentration von freiem ß-hCG höher (2.0 MoM) und von PAPP-A niedriger (0.5 MoM) als in chromosal normalen Schwangerschaften.

Nach den bisherigen Studienergebnissen ergibt die Risikoberechnung mit Hilfe einer Kombination aus den Serummarkern PAPP-A und freies ß-hCG und der sonographischen Messung der fetalen Nackentransparenz (NT) sowie dem mütterlichen Alter Entdeckungsraten von ca. 90% bei einer screen-positiv Rate von 5% (1-5).

Nackentransparenz (NT)
Die NT resultiert aus einer Flüssigkeitsansammlung im Bereich des fetalen Nackens, deren Ausmaß zwischen der 10.-14. SSW physiologisch kontinuierlich zunimmt (ca. 0.5 mm) (6). Sonographisch stellt sich die NT als echoleere Zone im Sagittalschnitt dar.

Bei chromosomal abnormen Schwangerschaften und einer Anzahl weiterer Erkrankungen (bes. Herzfehler, verschiedene Syndrome etc.) ist die NT erweitert.

Das Risiko für eine Trisomie ist abhängig vom Basisrisiko (i. e. maternales Alter und Gestationsalter) multipliziert mit dem Risiko, welches sich aus der Abweichung der gemessenen NT vom erwarteten Median für das entsprechende Schwangerschaftsalter (bzw. Scheitel-Steiß-Länge) ergibt. Bei einer festgelegten screen-positiv Rate von 5% beträgt die ermittelte Sensitivität 77% (6).

Freies ß-hCG:
ß-hCG wird von der Plazenta gebildet. Die Konzentration des freien ß-hCG im maternalen Serum steigt bis zur 10. SSW und nimmt danach physiologisch kontinuierlich ab. In Tri21-Schwangerschaften ist diese Abnahme verzögert, die Konzentration zum entsprechnden Zeitpunkt erhöht. Die Differenz zu normalen Schwangerschaften nimmt mit zunehmendem Gestationsalter weiter zu. In einer Studie, mit 210 Tri21-Schwangerschaften in der 10.-14. SSW, lag der Median des freien ß-hCG bei 2.15 MoM im Vergleich zu nicht-betroffenen Schwangerschaften . Bei einer festgelegten screen-positiv Rate von 5% beträgt die Erkennungsrate durch das freie ß-hCG allein ca. 35%, in Kombination mit dem maternalen Alter 45% (5).

PAPP-A:
PAPP-A wird ebenfalls in der Plazenta gebildet. Die PAPP-A Konzentration steigt im Serum im Verlauf der Schwangerschaft ab der 5. SSW kontinuierlich an. In Tri21-Schwangerschaften ist dieser Anstiegt verzögert, die Konzentrationen zum jeweiligen Zeitpunkt niedriger. Oberhalb der 14. SSW verliert PAPP-A jedoch seine Diskriminationskraft zwischen Seren normaler Schwangerschaften und Tri21-Schwangerschaften. Der mediane PAPP-A lag in einer Studie mit 210 Tri21-Schwangerschaften in der 10.-14. SSW bei 0.51 MoM. Bei einer festgelegten screen-positiv Rate von 5% beträgt die Erkennungsrate 40%, bzw. 50% in Kombination mit dem mütterlichen Alter (5).

Niedrige PAPP-A Werte sind bei normalem Karyotyp mit einer erhöhten Rate von wachstumsretardierten Feten (IUGR) und IUDs asoziiert.

Maternales Alter, NT, freies ß-hCG und PAPP-A:
Weder in Tri21- noch in normalen Schwangerschaften wurde eine signifikante Assoziation zwischen NT und ß-hCG oder PAPP-A gefunden. Deshalb können diese Parameter unabhängig voneinander in die Risikoberechnung eingehen.

Durch die Kombination der Marker mat. Alter, NT, PAPP-A und ß-hCG in der 11. – 14. SSW ist bei korrekter Durchführung eine Erkennungsrate für Tri21-Schwangerschaften von 90% zu erreichen, bei einer screen-positiv Rate von 5% (7). Wird ein „vanishing twin“ bei der Ultraschalluntersuchung festgestellt, empfehlen wir, auf die Einbindung der biochemischen Marker zu verzichten, da hierbei wiederholt erhöhte PAPP-A-Werte gefunden werden, welche zu einer falschen Verringerung des Tri21-Risikos des verbliebenen Feten führen.

Referenzen:

  1. Brizo et al.,Br J Obstet Gynaecol 1995;102:127
  2. Orlandi et al.,Ultrasound Obstet Gynecol 1997;10:381
  3. de Graf et al.,Prenat Diagn 1999;19:458
  4. De Biasio et al.,Prenat Diagn 1999;19:360
  5. Spencer et al.,Ultrasound Obstet Gynecol 1999;13:231
  6. Snijders et al.,Lancet 1998;351:343
  7. Nicolaides K H, Ed.,Diploma in fetal medicine series, Parthenon Publishing, London,1999

Weitere ausführliche Informationen finden Sie unter
www.fetalmedicine.com

Die Nackentransparenz (nuchal translucency, NT) resultiert aus einer subkutanen Flüssigkeitsansammlung im Bereich des fetalen Nackens, welche bei nahezu allen Feten bis zur 14.-15. Woche sonographisch darstellbar ist. Die Ausdehnung der NT nimmt zwischen der 10.-14. SSW kontinuierlich zu (ca. 0.5 mm). Im Verlauf des II. Trimesters ist die NT meist nicht mehr darstellbar. Während die NT eine Struktur darstellt, deren pathophysiologische Relevanz von ihrer Ausprägung abhängt, stellen zystische Hygrome und „dorso-nuchale Ödeme“ immer einen pathologischen Befund dar.

Zystische Hygrome sind in etwa 75% der Fälle mit chromosomalen Aberrationen (95% Monosomie X) assoziiert (1).

Nuchale Ödeme haben eine unterschiedliche Ätiologie (1/3 der Fälle chromosomale Aberrationen, daneben cardiovaskuläre und pulmonale Defekte, Infektionen etc.) (2).

In den frühen 1990er Jahren wurde in einer Reihe kleinerer Studien an Risikokollektiven auf einen möglichen Zusammenhang zwischen erweiterter NT und chromosomalen Aberrationen im ersten Trimester aufmerksam gemacht, d.h. je grö¤er die NT, desto höher das Risiko für Trisomie 21 (3,4,5,6). Die gefundene Prävalenz chromosomaler Defekte war jedoch sehr unterschiedlich (11-88%), was einerseits auf Unterschiede der maternalen Altersverteilungen und andererseits auf der unterschiedlichen Definition der cut-off Werte (2-10mm) beruhte. Ein wichtiges Ergebnis der Studien war jedoch, dass die Prävalenz chromosomaler Aberrationen unabhängig voneinander sowohl von der NT-Dicke als auch vom maternalen Alter abhängig ist (7).

Die Ergebnisse weiterer Studien, in welchen eine mögliche Implementierung der NT-Messung in die Routine-Schwangerenvorsorge untersucht wurde, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. eine erfolgreiche NT-Messung im ersten Trimester während einer Routineuntersuchung ist in 96-100% möglich,
  2. es müssen einheitliche Regeln der NT-Messung eingehalten werden (8,9).

Das stringenteste Konzept methodischer Fortbildung und Zertifizierung bei kontinuierlicher Qualitätssicherung verfolgt die „Fetal Medicine Foundation“. Dieses ist mittlerweile in 43 Ländern verbreitet und internationaler Standard (10).

Messung der Nackentransparenz:
Voraussetzung für eine exakte NT-Messung ist ein ausreichend auflösendes Ultraschallgerät mit cine-loop Vorrichtung sowie die Möglichkeit, im 0,1mm Bereich messen zu können.

Messregeln
Um einheitliche Resultate zu erhalten, ist es essentiell, gleiche Kriterien(10) zu verwenden:

  1. Die minimale Scheitel-Steiss-Länge (SSL) darf 45·mm nicht unterschreiten, die maximale SSL 84·mm nicht überschreiten. Das optimale Gestationsalter liegt zwischen 10 + 0. und 13 + 6. SSW.
  2. Die Ergebnisse von vaginalem und transabdominalem Vorgehen sind vergleichbar. Die höhere Reproduzierbarkeit scheint durch das vaginale Vorgehen erreichbar zu sein (11).
  3. Es soll ein optimaler Sagittalschnitt zur Messung der SSL erzeugt werden (Darstellung der fetalen Nasenspitze).
  4. Die Vergrö¤erung soll so eingestellt werden, dass der Fet 3/4 des Bildes einnimmt (Abb.).
  5. Es muss sicher zwischen fetaler Haut und Amnion unterschieden werden. Beide Strukturen erscheinen als dünne Membranen. Es ist hilfreich, auf fetale Bewegungen zu warten oder den Feten durch leichte Stöße zur Bewegung anzuregen.
  6. Es soll die maximale Weite der NT zwischen Haut und dem die Halswirbelsäule bedeckenden Gewebe mehrfach gemessen werden, wobei die Calliper jeweils die innere Grenze kennzeichnen (innen-innen). Der größte Wert wird notiert.
  7. Der Fet soll sich in einer neutralen Position befinden. Bei Dorsal-/Ventralflexion können die Werte um 0,6/0,4mm erhöht/verringert sein(12).

Die Fähigkeit, reproduzierbare Ergebnisse bei der NT-Messung zu erzielen, hängt von der Motivation des Untersuchers ab und steigt mit dem Training. Gute Ergebnisse werden nach 80-100 Untersuchungen erzielt(13).

Referenzen:

  1. Azar G et al.,Fetal Diagn Ther,1991:46
  2. Nocolaides KH et al.,Fetal Diagn Ther,1992:123
  3. Johnson MP et al.,Am J Obstet Gynecol,1993:156
  4. Wilson RD et al.,Prenat Diagn,1992:755
  5. Schulte-Vallentin M et al.,Lancet,1992:1053
  6. Suchet IB et al.,Can Assoc Radiol J,1992:420
  7. Pandy PP et al.,Ultrasound Obstet Gynecol,1995:15
  8. Kornman LH et al.,Prenat Diagn,1996:797
  9. Taipale P et al.,N Engl J Med,1997:1654
  10. Nicolaides K,Sebire N,Snijders JM,The 11-14 week scan – The diagnosis of fetal abnormalities. Parthenon Publishing, New York, London,1999
  11. raithwait JM et al.,Br J Radiol,1995:720
  12. Whitlow BJ et al.,Br J Obstet Gynaecol,1998:872
  13. Braithwait et al.,Ultrasound Obstet Gynecol,1996:192

In einem hohen Prozentsatz der Feten mit Tri21 oder anderen chrmosomalen Aberrationen ist der Nasenknochen in der 11. -13. SSW hypoplastisch oder (noch) nicht darstellbar. Die Einbeziehung dieses Markers erhöht deutlich die Performance des Ersttrimester-Screenings.

Die Inzidenz des „fehlenden Nasenknochens“ ist abhängigt von der NT, der SSL und der ethnischen Zugehörigkeit der Patientin. Deshalb können keine Risikoziffern angegeben werden, die z.B. das Risiko für Tri21 bei nachweisbaren NB verringern.

Die Software der FMF-UK kalkuliert in einem ersten Schritt ein Risiko aus den Parametern mat.Alter, NT und den maternalen Serum-Werten PAPP-A und freies ßhCG. Beträgt das Risiko hieraus mehr als 1:50 und der NB ist nachweisbar, verändert sich das Risiko nicht. Beträgt das Risiko 1:50 bis 1:1.000 und der NB ist normal, verringert sich das Risiko. Fehlt der NB ist das Risiko immer erhöht.

Problematisch ist es, wenn alle anderen Ultraschall-Marker sowie PAPP-A und freies ßhCG unauffällig sind aber der NB fehlt. In diesen Fällen rät die FMF-UK, die Untersuchung eine Woche später zu wiederholen und Konsequenzen nur dann zu ziehen, wenn NB weiterhin fehlt. Unteres Bild: fehlender NB in der 16+ SSW bei Tri21.

Wie bei allen diffizilen Strukturen bedarf die Beurteilung des NB einer gewissen Übung. Die FMF-UK als auch die FMF-Deutschland verlangen daher einen Zertifizierungs-Prozeß, nach dessen erfolgreichen Abschluß der Marker „NB“ in die Risikokalkulation integriert werden kann. Die Detektionsrate erhöht sich hiermit auf ca. 95% (Nicolaides K & C.v.Kaisenberg, 2004).

Zertifizierung
Die Zertifizierungs-Protokolle finden Sie auf den entsprechenden Internet-Seiten der FMF-UK/ -D.

Doppler-Untersuchungen des Flows über der fetalen Trikuspidal-Klappe geben wichtige Informationen sowohl über das Risiko für chromosomale Aberrationen als auch über angeborene Herzfehler.

Die Inzidez von Trikuspidal-Regurgitationen ist abhängig sowohl von der NT und der SSL als auch von Aneuploidien. Deshalb ist es nicht möglich ( wie beim fetalen NB) distinkte Risikoziffern anzugeben, die bei normalem Flow das Risiko für Tri21 verringern bzw. bei Regurgitation das Risiko erhöhen.

Der Algorithmus der FMF-UK berechnet in einem ersten Schritt ein Risiko aus maternalem Alter, fetaler NT sowie den Serum-Parametern PAPP-A und freies ßhCG. Ist das Risiko höher als 1:50, ändert ein normaler Trikuspidalis-Flow das Risiko nicht. Ist das Risiko 1:50 bis 1:1.000 und der Trikuspidalis-Flow ist normal, verringert sich das Risiko. Liegt eine Trikuspidalis-Regurgitation vor, ist das Risiko für Tri21 immer erhöht. Zusätzlich besteht ein erhöhtes Risiko für angeborene Herzfehler; eine fetale Echokardiographie ist dann obligat.

Im Programm der FMF-Deutschland (PRC) wird der Marker „Trikuspidalregurgitation“ ebenfalls berüchsichtigt.

Zertifizierung
Die FMF-UK verlangt für die Implementierung dieser Untersuchung auch eine Zertifizierung. Das entsprechende Zertifizierungs-Protokoll finden Sie auf der entsprechenden Internet-Seite der FMF-UK (Button linke Spalte).

Bei Feten mit chromosomalen Aberrationen und/oder angeborenen Herzfehlern findet man häufiger auffällige Doppler-Muster über dem Ductus venosus (zero flow bzw. reversed flow). Die Integration dieses Markers erhöht die Sensitivität des Erstrimester-Screenings.

Ein auffälliger Ductus venosus -Flow ist allerdings (wie die Marker NB und Tricuspidalis) nicht unabhänging von der NT, der SSL sowie Aneuploidien. Deshalb ist es auch hier nicht möglich einfache Risikoziffern anzugeben, welche das aus der NT-Größe und den Serum-Parametern PAPP-A und freies ßhCG ermittelte Risiko bei unauffälligem Flow verringern bzw bei aufälligem Flow erhöhen.

Die FMF-UK Software kalkuliert daher in einem ersten Schritt das Risiko aus NT, maternalem Alter und den Serum-Parametern. Liegt das Risiko 1:50 oder höher, verändert (verbessert) ein unauffälliger Ductus das Endergebnis nicht. Beträgt das Risiko 1:50 bis 1:1.000 verringert ein unauffälliger Ductus das adjustierte Risiko. Liegt ein reversed-flow vor, ist das Risiko immer erhöht. Da zusätzlich auch das Risiko für angeborene Herzfehler erhöht ist, ist eine fetale Echokardigraphie indiziert.

Im Programm der FMF- Deutschland (PRC) ist der Marker „Ductus venosus“ ebenfalls integriert.

Zertifizierung
Die FMF-UK verlangt für die Iimplementierung auch dieser Untersuchung eine Zertifizierung. Das entsprechende Zertifizierungs-Protokoll finden Sie auf der entsprechenden Internet-Seite der FMF-UK (Button linke Spalte).